Definitionslücken und Asymptoten

Eine Funktion \(f\) der Form

\[f:x\mapsto\dfrac{a_{m}x^{m}+\ldots+a_{2}x^{2}+a_{1}x+a_{0}}{b_{n}x^{n}+\ldots+b_{2}x^{2}+b_{1}x+b_{0}}\]

heißt gebrochen-rationale Funktion, falls der Nenner des Funktionsterms \(f(x)\) die Variable \(x\) enthält. Der Zähler der Funktion \(f\) ist der Term \(Z(x)=a_{m}x^{m}+\ldots+a_{2}x^{2}+a_{1}x+a_{0}\), ein Polynom mit Grad \(m\) und der Nenner der Funktion \(f\) ist der Term \(N(x)=b_{n}x^{n}+\ldots+b_{2}x^{2}+b_{1}x+b_{0}\), ein Polynom mit Grad \(n\).

Der maximale Definitionsbereich \(D_{f}\) der Funktion \(f\) ist eine Teilmenge von \(\mathbb{R}\), also \(D_{f}\subseteq\mathbb{R}\). Falls nichts weiter gesagt, ist mit \(D_{f}\) der in \(\mathbb{R}\) größtmögliche Definitionsbereich gemeint.

Standardbeispiel 1

Gegeben ist die Funktion \(h:x\mapsto\dfrac{7x-7}{5x^{2}-10x-15}\).

Für den Zähler gilt: \(Z(x)=7x-7\), also ist der Zählergrad \(1\). Für den Nenner gilt: \(N(x)=5x^{2}-10x-15\), also ist der Nennergrad gleich \(2\).

Da der Nennergrad größer als der Zählergrad ist, handelt es bei \(h\) um eine echt gebrochen-rationale Funktion.

Mit der Lösungsformel lösen wir die Gleichung \(N(x)=0\) und erhalten \(x_{1}=-1\) und \(x_{2}=3\). Das bedeutet, dass der Nenner an diesen Stellen Null ist, also ist \(h\) an diesen Stellen nicht definiert. Somit können wir den Definitionsbereich \(D_{h}\) von \(h\) angeben, nämlich \(D_{h}=\mathbb{R}\setminus\{-1;3\}\) und \(-1\) und \(3\) sind die Definitionslücken von \(h\).

Setzen wir nun den Zähler von \(h\) gleich Null, also \(Z(x)=0\) und lösen die Gleichung, so erhalten wir: \(7x-7=0\), oder \(x=1\). Wir stellen fest: \(1\in D_{h}\) und \(h(1)=0\), also ist \(x=1\) die Nullstelle von \(h\).


Mit Hilfe der Grenzwertberechnung untersuchen wir das Verhalten von \(h(x)\) im Unendlichen und bei Annäherung von \(x\) an die Definitionslücken.

\(\underset{x\rightarrow\infty}{\lim}h(x)=\underset{x\rightarrow\infty}{\lim}\dfrac{7x-7}{5x^{2}-10x-15}=\underset{x\rightarrow\infty}{\lim}\dfrac{7x}{5x^{2}}=\underset{x\rightarrow\infty}{\lim}\dfrac{7}{5x}=0\)

\(\underset{x\rightarrow-\infty}{\lim}h(x)=\underset{x\rightarrow-\infty}{\lim}\dfrac{7x-7}{5x^{2}-10x-15}=\underset{x\rightarrow-\infty}{\lim}\dfrac{7x}{5x^{2}}=\underset{x\rightarrow-\infty}{\lim}\dfrac{7}{5x}=0\)

Bemerkung

Bei der Grenzwertberechnung \(\underset{x\rightarrow\pm\infty}{\lim}f(x)\) werden im Zähler und Nenner immer nur die dominanten Summanden verwendet. Alle anderen Summanden haben keinen Einfluss auf diesen Grenzwert.

Für den Graphen \(G_{h}\) der Funktion \(h\) bedeutet die obige Grenzwertberechnung, dass im Unendlichen die \(y\)-Koordinaten der Punkte von \(G_{h}\) sich dem Wert Null annähern, also nähert sich im Unendlichen \(G_{h}\) der \(x\)-Achse an. Man sagt dazu, dass die \(x\)-Achse eine waagerechte Asymptote von \(G_{h}\) ist.


Bei der Untersuchung des Verhaltens von \(h(x)\) bei Annäherung von \(x\) an die Definitionslücken wird die links- und die rechtsseitig Annäherung an die Definitionslücke betrachtet.

Rechtsseitige Annäherung an \(3\):

\[\underset{x\rightarrow3^{+}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow14}{\overbrace{7x-7}}}{\underset{\rightarrow0^{+}}{\underbrace{5x^{2}-10x-15}}}=+\infty\]

Linksseitige Annäherung an \(3\):

\[\underset{x\rightarrow3^{-}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow14}{\overbrace{7x-7}}}{\underset{\rightarrow0^{-}}{\underbrace{5x^{2}-10x-15}}}=-\infty\]

Rechtsseitige Annäherung an \(-1\):

\[\underset{x\rightarrow-1^{+}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow-14}{\overbrace{7x-7}}}{\underset{\rightarrow0^{+}}{\underbrace{5x^{2}-10x-15}}}=+\infty\]

Linksseitige Annäherung an \(-1\):

\[\underset{x\rightarrow-1^{-}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow-14}{\overbrace{7x-7}}}{\underset{\rightarrow0^{-}}{\underbrace{5x^{2}-10x-15}}}=-\infty\]

Bemerkung

Bei der Grenzwertberechnung \(\underset{x\rightarrow\pm p}{\lim}f(x)\) werden in den Zähler und in den Nenner von \(f(x)\) Werte eingesetzt, die nahe an \(p\) liegen.

Bei links- und rechtsseitiger Annäherung an \(-1\) nehmen die Funktionswerte von \(h\) die Werte \(-\infty\) oder \(+\infty\) an. Außerdem ändert sich das Vorzeichen von \(h(x)\) an der Stelle \(-1\). Man sagt dazu, dass die Stelle \(x=-1\) eine Polstelle mit Vorzeichenwechsel ist. Für den Graphen \(G_{h}\) bedeutet dies, dass er sich in einer sehr nahen Umgebung um \(-1\) der senkrechten Geraden \(G_{v_{1}}\) mit der Gleichung \(v_{1}:x=3\) annähert. Diese Gerade ist somit eine senkrechte Asymptote von \(G_{h}\). Genauso ist \(x=3\) eine Polstelle mit Vorzeichenwechsel und die Gerade \(G_{v_{2}}\) mit der Gleichung \(v_{2}:x=3\) ist eine senkrechte Asymptote von \(G_{h}\).

Der Graph \(G_{h}\) hat eine waggerechte Asymptote und zwei senkrechte Asymptoten.

Figure made with TikZ

Standardbeispiel 2

Gegeben ist die Funktion \(k:x\mapsto\dfrac{2x^{3}-11x^{2}+20x+33}{3x^{2}-12x+12}\).

Bei der Funktion \(k\) ist der Zählergrad \(3\) und der Nennergrad \(2\). Somit handelt es sich bei der Funktion \(k\) um eine unecht gebrochen-rationale Funktion.

Wir setzten \(N(x)=3x^{2}-12x+12\) und lösen die Gleichung \(N(x)=0\). Man erhält die doppelte Lösung \(x_{1,2}=2\). Der Definitionsbereich ist somit \(D_{k}=\mathbb{R}\setminus\{2\}\).

Der Zähler von \(k(x)\) ist der Term \(Z(x)=2x^{3}-11x^{2}+20x+33\). Die Lösungen der Gleichung \(Z(x)=0\) erhalten wir mit Hilfe der Polynomdivision ohne Rest.

Mit dem Taschenrechner berechnen wir \(Z(-1)=0\) und die Polynomdivision ohne Rest ergibt:

\[(2x^{3}-11x^{2}+20x+33):(x+1)=2x^{2}-13x+33\text{.}\]

Wir stellen fest, dass \(Z(x)\) nicht weiter in Linearfaktoren zerlegt werden kann, da die Diskriminante des quadratischen Terms negativ ist. Somit ist \(x_{1}=-1\) die einzige Nullstelle von \(k\). Der Funktionsterm \(k(x)\) kann nun in Linearfaktoren zerlegt angegeben werden. Er hat die Form:

\[k(x)=\dfrac{(x+1)(2x^{2}-13x+33)}{3(x-2)^{2}}\text{.}\]

Wie schon oben erwähnt, ist die Funktion \(k\) eine unecht gebrochen-rationale Funktion. Der Term \(k(x)\) kann somit mit Hilfe der Polynomdivision mit Rest umgeformt werden. Die Polynomdivision mit Rest liefert:

\((2x^{3}-11x^{2}+20x+33):(3x^{2}-12x+12)=\frac{2}{3}x-1+\dfrac{15}{(x-2)^{2}}\).

Es gilt also: \(k(x)=\frac{2}{3}x-1+\dfrac{15}{(x-2)^{2}}\). Wir sehen, dass \(k(x)\) den ganzrationalen Anteil \(\frac{2}{3}x-1\) und den echt gebrochen-rationalen Anteil \(\dfrac{15}{(x-2)^{2}}\) hat.

Für den echt gebrochen-rationalen Anteil berechnen wir:

\[\underset{x\rightarrow\pm\infty}{\lim}\dfrac{15}{(x-2)^{2}}=\underset{x\rightarrow\pm\infty}{\lim}\dfrac{15}{x^{2}}=0\]

Das bedeutet, dass im Unendlichen der echt gebrochen-rationale Anteil fast keinen Einfluss auf die \(y\)-Koordinaten der Punkte von \(G_{k}\) hat. \(G_{k}\) verläuft im Unendlichen sehr nahe an der Geraden \(G_{s}\) mit der Gleichung \(s:y=\frac{2}{3}x-1\). Diese Gerade ist somit eine schräge Asymptote von \(G_{k}\).

Neben der schrägen Asymptote könnte \(G_{k}\) auch eine senkrechte Asymptote besitzen. Dazu untersuchen wir das Verhalten von \(k(x)\) bei Annäherung von \(x\) an die Definitionslücke \(x=2\):

\[ \begin{align}\begin{aligned}\underset{x\rightarrow2^{+}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow44}{\overbrace{2x^{3}-11x^{2}+20x+33}}}{\underset{\rightarrow0^{+}}{\underbrace{3x^{2}-12x+12}}}=+\infty\text{,}\\\underset{x\rightarrow2^{-}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow44}{\overbrace{2x^{3}-11x^{2}+20x+33}}}{\underset{\rightarrow0^{+}}{\underbrace{3x^{2}-12x+12}}}=+\infty\text{.}\end{aligned}\end{align} \]

Die Stelle \(x=2\) ist somit eine Polstelle ohne Vorzeichenwechsel und \(G_{k}\) hat die senkrechte Asymptote mit der Gleichung \(v:x=2\).

Figure made with TikZ

Standardbeispiel 3

Gegeben ist die Funktion \(p:x\mapsto\dfrac{4x^{3}+6x^{2}-4x-6}{2x^{3}+3x^{2}}\).

Bei der Funktion \(p\) ist der Zählergrad \(3\) und der Nennergrad \(3\). Somit handelt es sich bei der Funktion \(p\) um eine unecht gebrochen-rationale Funktion.

Wir setzen \(N(x)=2x^{3}+3x^{2}\) und lösen die Gleichung \(N(x)=0\). Damit bestimmen wir den Definitionsbereich \(D_{p}\).

\(N(x)=0\) ; \(2x^{3}+3x^{2}=0\),

\(x^{2}(2x+3)=0\) ; \(x_{1,2}=0\) und \(x_{3}=-\frac{3}{2}\).

Definitionsbereich: \(D_{p}=\mathbb{R}\setminus\{-\frac{3}{2};0\}\)

Als nächstes setzten wir \(Z(x)=4x^{3}+6x^{2}-4x-6\) und lösen die Gleichung \(Z(x)=0\), um die Nullstellen von \(p\) zu erhalten.

\(Z(x)=0\) ; \(4x^{3}+6x^{2}-4x-6=0\) ; TR: \(x_{0}=1\)

Polynomdivision ohne Rest ergibt:

\((4x^{3}+6x^{2}-4x-6):(x-1)=4x^{2}+10x+6\)

\(4x^{2}+10x+6=0\)

\(x_{2,3}=\frac{-10\pm2}{8}\) ; \(x_{2}=-1\), \(x_{3}=-\frac{3}{2}\notin D_{p}\)

\(x_3=-\frac{3}{2}\) ist keine Nullstelle von \(p\).

Die Nullstellen von \(p\) sind \(x_{1}=1\) und \(x_{2}=-1\).

Die Linearfaktorenzerlegung von \(p(x)\) zeigt, dass im Zähler und Nenner gleiche Linearfaktoren erscheinen. Es kann also gekürzt werden.

\[p(x)=\dfrac{4(x-1)(x+1)(x+\frac{3}{2})}{2x^{2}(x+\frac{3}{2})}=\dfrac{2(x-1)(x+1)}{x^{2}}\]

Der Linearfaktor \(x+\frac{3}{2}\) verschwindet nach dem Kürzen aus dem Nenner. Trotzdem bleibt der Definitionsbereich \(D_{p}\) unverändert und \(x=-\frac{3}{2}\) ist weiterhin eine Definitionslücke. In diesem Fall ist es eine stetig behebbare Definitionslücke. Alle weiteren Berechnungen werden mit dem gekürzten Funktionsterm \(p(x)=\dfrac{2(x-1)(x+1)}{x^{2}}\) durchgeführt und der unveränderte Definitionsbereich \(D_{p}=\mathbb{R}\setminus\{-\frac{3}{2};0\}\) beachtet.

Das Verhalten von \(p(x)\) bei Annäherung von \(x\) an die Definitionslücken zeigt bei der Funktion \(p\) unterschiedliches Verhalten.

\[\underset{x\rightarrow0^{+}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow-2}{\overbrace{2(x-1)(x+1)}}}{\underset{\rightarrow0^{+}}{\underbrace{x^{2}}}}=-\infty\text{ ; }\underset{x\rightarrow0^{-}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow-2}{\overbrace{2(x-1)(x+1)}}}{\underset{\rightarrow0^{+}}{\underbrace{x^{2}}}}=-\infty\]

Die Stelle \(x=0\) ist eine Polstelle ohne Vorzeichenwechsel.

\[\underset{x\rightarrow-\frac{3}{2}^{+}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow\frac{5}{2}}{\overbrace{2(x-1)(x+1)}}}{\underset{\rightarrow\frac{9}{4}}{\underbrace{x^{2}}}}=\frac{10}{9}\text{ ; }\underset{x\rightarrow-\frac{3}{2}^{-}}{\lim}\dfrac{\overset{\rightarrow\frac{5}{2}}{\overbrace{2(x-1)(x+1)}}}{\underset{\rightarrow\frac{9}{4}}{\underbrace{x^{2}}}}=\frac{10}{9}\]

Wir erkennen, dass das Ergebnis bei diesem Grenzwert eine feste Zahl und nicht \(-\infty\) oder \(+\infty\) ist. Das ist ein Nachweis dafür, dass die Stelle \(x=-\frac{3}{2}\) eine stetig behebbare Definitionslücke ist.

Da die Funktion \(p\) eine unecht gerochen-rationale Funktion ist, lässt sich der Funktionsterm \(p(x)\) mit Hilfe der Polynomdivision mit Rest umformen.

Wir erhalten: \((2x^{2}-2):x^{2}=2-\dfrac{2}{x^{2}}\).

Es gilt also \(p(x)=2-\dfrac{2}{x^{2}}\).

Der echt gerochen-rationale Anteil ist \(\dfrac{2}{x^{2}}\) und

\[\underset{x\rightarrow-\infty}{\lim}\dfrac{2}{x^{2}}=\underset{x\rightarrow+\infty}{\lim}\dfrac{2}{x^{2}}=0\text{.}\]

Damit nähern sich die Funktionswerte \(p(x)\) im Unendlichen der Zahl \(2\) an und die Gerade \(G_{h}\) mit der Gleichung \(h:y=2\) ist eine waagerechte Asymptote von \(G_{p}\).

Figure made with TikZ